Wettertrend Sommer: Die Wahrscheinlichkeit eines Hitze- und Dürresommer 2023

Steht mit dem Sommer 2023 der nächste Hitze- und Dürresommer bevor? Was spricht dafür und was dagegen und welche Rolle spielt eine Temperaturanomalie auf dem Atlantik?
Der Spätwinter macht sich über Deutschland im Moment bemerkbar, doch werden sich in den kommenden Stunden über Deutschland mehr und mehr die warmen Luftmassen durchsetzen und zum Beginn der neuen Woche frühlingshafte +14 bis +18 Grad in Spiel bringen können. Doch ist das im Hinblick Frühling alles andere als nachhaltig, was typisch für den März ist. Hinzu kommen teils noch unwetterartige Wetterereignisse.
Wie wird das Wetter im Sommer?
Wir möchten heute einmal auf die von unseren Lesern viel gestellte Frage eingehen, ob sich schon etwas über das Wetter im Sommer im Detail sagen lassen kann? Nein, Details sind auf einen so langen Zeitraum nicht möglich. Doch die zweithäufigste Frage war, ob in diesem Sommer nach 2018, 2019, 2020 und 2022 ein erneuter Dürresommer zu erwarten ist? Wir nehmen die Frage an und schauen uns einmal die Statistik und die Randfaktoren an.
Der Statistik nach ein deutlich zu warmer Sommer
Das Wetter - und das wissen die meisten - hält sich nicht an die Statistik. Das ist zwar schade für Meteorologen, doch genau das ist der Grund, warum das Wetter noch eine spannende Herausforderung ist. Was mit der Statistik aber möglich ist, ist eine Ableitung der Wahrscheinlichkeiten über die kommende Jahreszeit.
Die letzten 29 Sommer waren zu warm
Das ist die erste Signifikanz. Im Vergleich zum Klimamittelwert von 1961 und 1990 waren die letzten 29 Sommer zum warm (Abweichung ≥ 0). Das ist Signifikant und lässt schon erahnen, wohin die Reise im Sommer 2023 gehen wird.
Betrachtet man den Durchschnittswert der letzten 30 Jahre, so sind die Sommer im Schnitt um +1,3 Grad wärmer geworden. Betrachtet man die letzten 20 Jahre, so sind die Sommer um +1,6 Grad und in den letzten 10 Jahren um +1,99 Grad wärmer geworden. Das ist ebenfalls Signifikant und gab es in dieser Art und Weise nicht - die Klimaerhitzung lässt grüßen.
Sommer | Abweichung (61/90) |
---|---|
1961 bis 2020 | +1,3 Grad |
2003 bis 2022 | +1,6 Grad |
2013 bis 2022 | +1,99 Grad |
Winter zu warm, Sommer zu warm
Und noch etwas Statistik. War der Winter im Vergleich zum vieljährigen Mittelwert von 1961 und 1990 um +1,0 Grad und mehr zu warm, so waren die nachfolgenden Sommer in 83 Prozent der Fälle zu warm und nur zu 17 Prozent zu kalt. Der erste Rückschluss - warmer Winter, hohe Wahrscheinlichkeit für einen zu warmen Sommer.
Supermildwinter hatten immer einen zu warmen Sommer zur Folge
Dieser Winter war ein sog. Supermildwinter. Die Abweichung betrug gegenüber dem vieljährigen Mittelwert von 1961 und 1990 +2,64 Grad. Wir haben einmal die Sommer nach einem Supermildwinter mit einer Abweichung von mehr als +2,5 Grad untersucht und feststellen müssen, dass die nachfolgenden Sommer in 100 Prozent der Fälle zu warm ausgefallen sind.
Winter | Sommer kalt | Sommer warm | Häufigkeit |
---|---|---|---|
Winter +1,0 Grad zu warm | 17 % | 83 % | 36 |
Winter +1,5 Grad zu warm | 8 % | 92 % | 25 |
Winter +2,5 Grad zu warm | 0 % | 100 % | 10 |
Hitzesommer?
Schnell fällt auf, dass die Häufigkeit der Supermildwinter deutlich geringer ist und dass das erst ein Phänomen der fortschreitenden Klimaerhitzung ist. Doch auch wenn die nachfolgenden Sommer zu warm ausgefallen sind, so sagt das ja noch nichts über den Hitzegrad aus. Schauen wir uns einmal die Sommermonate nach einem Supermildwinter genauer an.
Jahr | Abweichung Winter | Abweichung Sommer |
---|---|---|
2022 | +3,0 Grad | +2,9 Grad |
2020 | +3,92 Grad | +1,9 Grad |
2016 | +3,37 Grad | +1,5 Grad |
2014 | +3,1 Grad | +0,9 Grad |
2008 | +2,75 Grad | +1,2 Grad |
2007 | +4,14 Grad | +0,9 Grad |
1998 | +2,73 Grad | +0,3 Grad |
1990 | +3,33 Grad | +0,5 Grad |
1989 | +2,83 Grad | +0,4 Grad |
1975 | +3,31 Grad | +1,0 Grad |
Schnell wird klar, dass es da keine eindeutige Korrelation zu einem Hitzesommer gibt. Daraus lässt sich kein Hitzesommer ableiten.
Der Statistik nach ein zu warmer Sommer
Doch grundlegend spricht die Statistik eine klare Sprache und lässt den Rückschluss einer deutlich erhöhten Wahrscheinlichkeit im Vergleich zum Klimamittelwert von 1961 und 1990 von einem zu warmen Sommerwetter zu. Das halten wir einmal so fest.
Die Temperaturprognose des Langfristmodells
Das Langfristmodell folgt der These eines zu warmen Sommers. Im Vergleich zum vieljährigen Mittelwert von 1961 und 1990 liegt die Abweichung mit +1 bis +2 Grad und im Trend von bis +2,5 Grad im deutlich zu warmen Bereich (91/20: -0,3 bis +1,2 Grad).
Betrachtung der Rahmenbedingungen
Bereits im Herbst letzten Jahres ist uns die ungewöhnlich Warmwasserblase auf dem Atlantik aufgefallen. Ähnliche Konstellationen hatten stets einen warmen Winter zur Folge - so auch der Winter 2022/23.
Wie ist die aktuelle Situation? Eigentlich kühlen die kalten Luftmassen über dem östlichen Kanada die Warmwasserblase ordentlich ab und für gewöhnlich sammeln sich in diesem Bereich kalte Wassermassen an. Doch im März 2023 handelt es sich nicht mehr nur um eine Warmwasserblase - viele Bereiche der Meeresflächen sind deutlich bis erheblich zu warm. Wir haben die Abschnitte einmal gegenübergestellt.

© www.climatereanalyzer.org
Warmes Wasser, mehr Niederschlag?
Der erste Gedanke auf den man kommt: warmes Wasser, mehr Verdunstung, ergo eine höhere Niederschlagswahrscheinlichkeit. Ja, das kann man einmal so stehen lassen. Der zweite Gedanke aber ist - treffen die Niederschläge auf Deutschland - oder werden diese in einem großen Bogen drumherum abgeleitet?
Ist ein Dürresommer möglich?
Dieser These kann man durchaus folgen. Trotz des warmen Atlantiks war der Winter 2022/23 - auf Europa bezogen - erheblich zu trocken. Trotz der Westwetterlagen, die es Ende Dezember und im Januar gegeben hat. Die Tiefdrucksysteme haben einfach nicht mehr die Power
, um sich durchzusetzen. Das liegt unter anderem daran, dass ich das arktische Meereis immer weiter nach Norden zurückzieht und damit die Temperaturgegensätze nicht mehr über Mitteleuropa, sondern über Skandinavien stattfinden. Auf andere Art formuliert, hat sich die Wetterzone in den letzten Jahren nach Norden zurückgezogen. Deutschland, Österreich und die Schweiz verweilen stattdessen zunehmend in der Hochdruckzone, was diesen Winter der Süden von Deutschland zu spüren bekommen hat.
Aber nicht nur das - Norditalien, Frankreich und andere Teile von Europa erlebten in dieser Saison eine noch nicht gekannte Winterdürre. Sorgen über eine Dürre im Sommer 2023 sind also mehr als berechtigt, da die Grundlagen seit den Dürresommern aus den Jahren 2018, 2019, 2020 und 2022 nicht mehr stimmen. Keine der vergangenen Jahreszeiten hat es auch nur annähernd geschafft, das Defizit des Grundwasserspiegels auszugleichen oder abzumildern.
Momentan zeigt sich das für Pflanzen verfügbare Wasser in einem guten Zustand, da die Vegetation noch ruht. Schaut man sich die unteren Bodenschichten an, so fehlt dem Boden die Grundlage, um einem weiteren Dürresommer noch etwas entgegenzusetzen. Umso wichtiger ist, dass es jetzt im Frühling ausreichend Regen geben wird. Schaun mer mal - alles andere wäre ein ungünstiger Verlauf. Um es auf den Punkt zu bringen - ein zu warmer Atlantik lässt keine Korrelation auf ein zu viel an Niederschlag über Deutschland zu - eher das Gegenteil ist der Fall.

© www.ufz.de
Niederschlagsprognose des Langfristmodells
Der Juni soll nach dem aktuellen Wettertrend des Langfristmodells erheblich zu trocken, während der Juli durchwachsen und der Augst nur leicht zu trocken ausfallen soll. Am Ende ein zu trockener Sommer, aber nach diesen Daten kein Dürresommer.
Nach dem Niederschlagstrend der NASA soll das Wetter im Sommer 2023 sogar leicht zu nass ausfallen können. Der Wettertrend der Europäer berechnet einen zu trockenen Sommer, aber auch hier ist - für den Moment - keine Dürre auszumachen.
Der Jahreszeitentrend des Deutschen Wetterdienstes berechnet für den Sommer über Baden-Württemberg und Bayern ein deutliches Niederschlagsdefizit. Über dem Saarland, Rheinland-Pfalz, Hessen und Nordrhein-Westfalen ist ein ausgeglichenes Verhältnis festzustellen, während Niedersachsen, Schleswig-Holstein, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Berlin, Brandenburg, Sachsen-Anhalt und Thüringen etwas zu trocken ausfallen sollen. Schaun mer mal!