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Kaltwinter über Deutschland - welche Auswirkungen hat die Eruption des Hunga Tonga Unterwasservulkans?

| Leon R.
Ausbruch des Unterwasservulkans Hunga Tonga © NOAA

Ein echter Kaltwinter. Das klingt in Zeiten der Klimaerhitzung skurril und surreal, das gebe ich zu. Jedoch sieht die Wissenschaft das aktuell tatsächlich für möglich. Grund dafür ist der im Südpazifik liegende Vulkan Hunga Tonga.

Der Hunga Tonga brach im Januar 2022 submarin (unter Wasser) aus und schoss eine Rekordmenge an Wasserdampf in die Stratosphäre. Die Stratosphäre beinhaltet im normalen Zustand eine Wasserdampfmenge von 1560 Teragramm. Durch die Eruption gelangte ca. 10 Prozent mehr Wasserdampf in die Stratosphäre und erhöhte die Konzentration auf 1700 Teragramm. Die Wissenschaft spricht von einer sehr hohen Menge – mit Auswirkungen auf das Wetter. Doch welche Auswirkungen können daraus erfolgen?

Aufbau Atmosphäre
Aufbau Atmosphäre © Niko Lang

Wasserdampf ist zum einen ein sehr wirksames Treibhausgas, was die Troposphäre zusätzlich stärker erwärmen wird. Andererseits kühlt es, wie auch schon CO₂ und Methan, die Stratosphäre, was im Winter u.a. zu einem stärkeren Polarwirbel über der Nordhalbkugel führen kann. Ein mögliches Major-Warming, wie es für diesen Winter zu erwarten ist, wäre demnach weniger wirksam und aktuell beobachtet man eine Rekordabkühlung der Stratosphäre der Südhalbkugel.

Reanalysis
© www.noaa.gov

Auf längere Sicht gesehen ist Wasserdampf also ein Verstärker der Klimaerhitzung (Studie: The Hunga Tonga-Hunga Ha'apai Hydration of the Stratosphere). Wieso sollte gerade der Winter 2022/23 dann aus der Reihe tanzen und zu kalt werden?

These: Seit Aufzeichnungsbeginn wurde dokumentiert, dass wenn die Stratosphäre im Sommerhalbjahr auf der Südhalbkugel starke negative Abweichungen zeigte, die Nordatlantische Oszillation (NAO) im folgenden Winter IMMER negativ war. Es zeigt sich demnach häufiger ein Blockadehoch auf dem Atlantik, das sich von den Azoren bis nach Island erstreckt und über Deutschland so zu einer meridional verlaufenden Nord-Süd-Strömung führen kann, was letztlich die Chancen auf winterliche Kaltlufteinbrüche erhöht. Nicht zwingend ist daraus ein kalter oder normaler Winter abzuleiten, die Chancen hierfür erhöhen sich jedoch signifikant.

Zudem gibt es erste, schwache Hinweise auf mögliche Erwärmungsereignisse über der Nordhalbkugel im folgenden Winter, wenn im Sommerhalbjahr die Südstratosphäre zu kalt ausfiel. Jedoch ist dort mehr Forschung erforderlich.

Das klingt nun sehr abstrakt und der eine oder andere wird sich jetzt sicherlich fragen: Wie wahrscheinlich ist ein Kaltwinter?

Dazu kann ich eine klare Antwort geben: Es weiß keiner. Es gibt auf diesem Gebiet einerseits zu wenig Forschung, was die ganze These vage hält und andererseits ist ein solcher Vulkanausbruch die letzten Jahrhunderte nicht passiert bzw. wurde er (und die Folgen) nicht vollständig dokumentiert.

Fazit: Freunde des Winterwetters können den Vulkanausbruch für diesen Winter als Chance und Hoffnungsschimmer - trotz der Klimaerhitzung - bewerten. Dies ist neben einem Major-Warming und einem möglichen QBO-Ost einer der drei Faktoren, die einen ansatzweise normalen bis etwas zu kalten Winter versprechen. Passen die Rahmenbedingungen optimal zusammen, so ist auch ein erheblich zu kalter Winter denkbar (Abweichung ≦ -2 Grad vom Klimamittelwert 61/90). Ansonsten stehen in Zeiten der Klimaerhitzung alle Zeichen auf (Super)Mildwinter. Supermilde und warme Winter werden zudem von Jahr zu Jahr wahrscheinlicher und dieser Effekt wird sich mit dem Vulkanausbruch in den kommenden Jahren sogar noch verstärken.

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